Rechtliche Grundlagen einer SCHULÜBERGREIFENDEN ONLINE-Umfrage in der Elternschaft

Mit der durch den GEB Fürth koordinerten Durchführung der schulübergreifenden Online-Umfrage zu den schulischen Ganztagsangeboten in Fürth im Jahr 2017 wurde eine Referenzprojekt umgesetzt, welches möglicherweise in dieser Form noch nicht im Rechtsraum des Freistaats Bayern durchgeführt wurde. Daher traten im Laufe des Projekts viele rechtliche Fragen auf, deren Beantwortung einiges an Aufwand verursachte. Um anderen Gemeinsamen Elternbeiräten oder in kleinerem Maßstab auch Elternbeiräten einzelner Schulen diesen Aufwand zu ersparen, veröffentlicht der GEB an dieser Stelle einen umfassenden rechtlichen Leitfaden für Online-Umfragen der Elternschaft. Dieser Leitfaden beinhaltet in Teilaspekten auch rechtliche Fragestellungen, die genereller Natur sind, wie bspw. detaillierte Rechtgrundlagen für das Verteilen von Elternbriefen des Elternbeirats. Auskünfte des Kultusministeriums  Bayerns und der Bezirksregierung Mittelfranken sind eingeholt worden, um diesen Grad an Klarheit in Bezug auf die Rechtssicherheit zu erreichen. Diese Auskünfte liegen dem GEB Fürth schriftlich vor.

 

Zur vertrauensvollen Zusammenarbeit von Schule und Erziehungsberechtigten

Nach Artikel 2 Abs. 4 Satz 1 BayEUG sind die Mitglieder der Schulgemeinsschaft angehalten, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. "Die gemeinsame Erziehungsaufgabe, die Schule und Erziehungsberechtigte zu erfüllen haben, erfordert eine von gegenseitigem Vertrauen getragene Zusammenarbeit" (Artikel 74, Abs. 1, Satz 1 BayEUG). Zu den Mitgliedern der Schulgemeinschaft zählen im engeren Sinne die Schulleitung und die Elternvertretungen der Schule (Klassenelternsprecher und Elternbeiräte). Wie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aussehen sollte, ist teilweise durch Gesetze geregelt. Die Schulleitung kann jedoch bspw. mit dem Elternbeirat Punkte festlegen, was über die gesetzlichen Regelungen hinausgehend eine vertrauensvolle Zusammenarbeit an der entsprechenden Schule ausmachen sollen. Es ist sogar möglich, dass die Schulleitung dabei in eigenem Ermessen von gesetzlichen Regelungen der Schulordnung abweicht (vgl. Artikel 74, Abs. 1, Satz 2 BayEUG). Diese weiteren Regelungen sollen in einem "schulspezifischen Konzept zur Erziehungspartnerschaft" gemeinsam von Schulleitung und Elternbeirat erarbeitet und schriftlich festegelegt werden. Der gesetzliche Auftrag, ein solches Konzept zu erstellen, wird in Art. 74, Abs. 1 BayEUG beschrieben. 

Was eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht  impliziert, ist, dass Elternvertretungen und Schulleitungen automatisch immer einer Meinung sind. Dies liegt in der Natur der Sache: Die Schulleitung vertritt die Position des Anbieters eines Bildungsangebots, die Elternvertretungen vertreten die Interessen der Nachfrager bzw. der Abnehmer  dieses Bildungsangebots. Daher kann es naheliegenderweise dazu kommen, dass die Nachfrage-Seite mit dem Angebot nicht zufrieden ist. Die Qualität einer vertrauensvollen Zusammenarbeit liegt nun genau darin, auch dann noch vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, wenn beide Seiten nicht einer Meinung sind. Konstruktive Kritik einerseits und Kritikfähigkeit andererseits müssen Grundpfeiler eines offenen und lösungsorientierten Dialogs von Schulleitung und Elternvertretung sein. 

Wenn daher eine Elternvertretung zu der Auffassung gelangt, die Elternschaft der Schule sollte sich vollumfänglich zu einem Aspekt des Bildungsangebots äußern, so fasst dies eine gute Schulleitung als eine Chance auf, das Angebot zu verbessern, denn nichts anderes kann die Intention der Eltern sein, die (anders als am freien Markt) nicht ohne weiteres den Anbieter wechseln können und mit Rücksicht auf die Kinder auch gar nicht wechseln wollen.

 

Zum rechtlichen Verhältnis eines GEB zu den Elternbeiräten der Schulen

Der Gemeinsame Elternbeirat setzt sich aus Vertretern der Elternbeiräte der Schulen zusammen, für die der GEB zuständig ist. Doch obwohl der GEB als Institution vom Gesetzgeber vor allem deshalb vorgesehen wurde, damit das Staatliche Schulamt und der Sachaufwandsträger nur einen Ansprechpartner für schulübergreifend relevante Themen haben, anstatt sich mit jedem Elternbeirat der Schulen einzeln auseinander setzen zu müssen (vgl .Kommentar 12 zu Art. 66 Abs. 4 BayEUG, Rechtsstand 02/2017), ist der GEB gegenüber den Elternbeiräten der Schulen in keiner Weise weisungsbefugt. Der GEB kann den Elternbeiräten der Schulen lediglich  Angebote machen und Empfehlungen aussprechen. Daher kann der GEB, wenn er bspw. eine schulübergreifende  Online-Umfrage bereitstellt, die Elternbeiräte nur ermuntern, dieses Angebot zu nutzen. Entsprechend geht die Entscheidung über die Teilnahme an solch einer schulübergreifenden Umfrage vom Elternbeirat der Schule aus. Sofern, wie im Falle der o.g. Umfrage  geschehen, der GEB Entwürfe für mögliche Informations-Anschreiben dem Elternbeirat zukommen lässt, ist es gesetzlich unbedenklich, wenn der Elternbeirat diese Entwürfe ggf. nach seinen Bedürfnissen anpasst und dann in seinem Namen in Papierform an die Erziehungsberechtigten verteilen lässt (die Zustimmung der Schulleitung vorausgesetzt, s.u.). Die reine Weiterleitung von Informationsmaterial des GEB durch den Elternbeirat an die Erziehungsberechtigten ist rechtlich nicht ganz eindeutig geregelt: Dem Elternbeirat ist es untersagt, Informationsmaterial, an dem Verbände  beteiligt sind, weiterzuleiten (vgl. Erläuterung 8 zu Art. 65 Abs. 1 BayEUG, Rechtsstand 02/2017). Inwiefern für Informationsmaterial eines GEB mehr Rechte gelten, wenn doch die Existenz des GEB nach intuitiver Auffassung vor allem dem Zweck dient, die Interessen der Elternbeiräte der Schulen (vgl. Art. 65 BayEUG) zu vertreten, ist bislang nicht abschließend festgelegt.

 

Zur Durchführbarkeit von schulübergreifenden Umfragen

Erhebungen einschließlich Umfragen sind gemäß § 24 BaySchO nur nach Genehmigung der zuständigen Schulaufsichtsbehörde zulässig. Allerdings stellte die Bezirksregierung Mittelfranken in einem Schreiben an den GEB Fürth vom 03.05.2017 fest, dass eine schulübergreifende Online-Umfrage keine  Erhebung bzw. Umfrage im Sinne § 24 BaySchO darstellt, sofern die Kontaktdaten, auf Basis derer die Teilnahme der Eltern an dieser Umfrage realisiert werden, von den Elternvertretungen selbstständig gewonnen wurden (zum Begriff des 'selbstständigen' Gewinnens von Kontaktdaten: s. unten) und das Schulpersonal bei der Durchführung der Umfrage nicht involviert wird. 

Wesentlich für diese Feststellung der Bezirksregierung Mittelfranken war hierbei, dass insbesondere die Durchführung der Umfrage nicht über die Schulen abgewickelt wird: Wenn die Elternvertretungen alle zur Durchführung der Umfrage benötigten Informationen direkt oder indirekt per E-Mail bzw. per Weiterleitung von E-Mails übermitteln, ist das Schulpersonal nicht involviert. Anders hätte es sich demnach verhalten, wenn der Versuch durch den GEB unternommen worden wäre, eine schulübergreifende Umfrage in 'Papierform' (also durch Verteilung von Fragebögen in den Klassen und Einsammeln von Rückläufern) durchzuführen. Diese Art der Umfrage wäre genehmigungspflichtig durch das Staatliche Schulamt gewesen, da das Schulpersonal in die Durchführung involviert worden wäre, und hätte im Allgemeinen auch nicht genehmigt werden können, da nicht zu erwarten ist, dass eine Umfrage des GEB den wissenschaftlichen Ansprüchen genügen kann, die in § 24 BaySchO formuliert sind.

 

Zur Durchführung schulinterner Umfragen

Für Umfragen, die ein einzelner Elternbeirat an seiner Schule durchführt, gelten weitreichender Möglichkeiten, als sie für schulübergreifende Umfragen gelten. Im offiziellen Kommentar 1.5 zum §20 GrSO (Rechtsstand 02/2017), dessen Inhalt mittlerweile umgezogen ist, hieß es: "Auch Erhebungen des Elternbeirats sind differenziert zu betrachten. Der Elternbeirat ist ein nicht rechtsfähiges inneres Organ der Schule, dem durch Art. 65 BayEUG bestimmte Aufgaben zugewiesen sind. Um diese Aufgaben wahrzunehmen muss er auch die Möglichkeit der Feststellung der Meinungen der Erziehungsberechtigten oder von Tatsachen in deren Bereich besitzen. Deshalb sind Umfragen, die der Elternbeirat im Rahmen seiner Aufgaben nach Art. 65 BayEUG bei den Erziehungsberechtigten der Schule, an der er besteht, durchführt, keine Erhebungen im Sinn des § 20 GrSO, vielmehr sind sie nach Art. 85 Abs. 1 S. 1 BayEUG ohne Genehmigung zulässig. Die Vorschriften des Datenschutzes sind jedoch zu beachten."

Das bedeutet, dass ein Elternbeirat an seiner Schule auch eine papierbasierte Umfrage bei den Erziehungsberechtigten durchführen kann, ohne dass diese durch das Schulamt genehmigt werden müsste. Die Schulleitung muss in diesem Falle in eigener Zuständigkeit diese Umfrage genehmigen. Wenn sie dies tut, dürfen Lehrkräfte auch die entsprechenden Fragebögen in den Klassen als eine Dienstaufgabe an die Kinder verteilen und die Rückläufer wieder einsammeln. Vorsicht ist hierbei bzgl. des Datenschutzes geboten: Wenn die Umfrage vom Elternbeirat ausgeht und wenn insbesondere personenbezogene Daten in der Umfrage erhoben werden, wäre es zwingend notwendig, dass die Rückläufer der Umfrage für die Lehrkraft nicht einsehbar sind. Rückläufer in verschlossenen Briefumschlägen wären an dieser Stelle datenschutzrechtlich unbedenklich. Dem Elternbeirat einer Schule steht natürlich ebenso wie bei schulübergreifenden Umfragen die Möglichkeit zur Verfügung, ein Umfrage per E-Mail-Kommunikation mit den Erziehungsberechtigten umzusetzen. Einer solchen Umfrage muss die Schulleitung wiederum nicht zustimmen, da das Schulpersonal nicht involviert würde.

Sollte ein Elternbeirat eine schulinterne Erhebung anstreben, die die Beteiligung der Erziehungsberechtigten nicht benötigt, gilt unter anderem  Art. 67 Abs. 1 S. 1 und 2 BayEUG (Informationspflicht durch den Schulleiter über alle Angelegenheiten, die für die Schule von allgemeiner Bedeutung sind und über Sachverhalte, die für die Arbeit des Elternbeirats notwendig sind). Hierbei ist zu beachten, dass die Schulleitung zu umfangreichen Erhebungen und Statistiken nicht verpflichtet ist (vgl. Kommentar 1.5 zum §20 GrSO (Rechtsstand 02/2017)).

 

Zum Gewinnen von Kontaktdaten durch die Elternvertretungen

Die Möglichkeit des GEB, eine schulübergreifende Online-Umfrage durchzuführen, die nicht durch das Staatliche Schulamt genehmigt werden braucht, setzt, wie oben erläutert, die Möglichkeit voraus, dass die Durchführung der Umfrage bspw. durch eine Kommunikation der Eltern und der Elternvertretungen per E-Mail  (alternativ andere direkte Kontaktmöglichkeiten) und damit ohne Involvierung des Schulpersonals realisiert wird. Entscheidend für den Erfolg der Umfrage (für eine rege Beteiligung) ist daher, dass in möglichst vielen Klassen der teilnehmenden Schulen der jeweilige Klassenelternsprecher über eine möglichst vollständige Kontaktliste der Eltern in seiner Klasse verfügt, welche insbesondere die E-Mail-Adressen beinhaltet.

Hierzu ist es aus Gründen des Datenschutzes grundsätzliich nicht zulässig, dass die Schule bzw. die Klassenlehrkraft in irgendeiner Form personenbezogene Kontaktdaten der Klasseneltern an den Klassenelternsprecher weitergibt. Eine gute Gelegenheit für den Klassenelternsprecher, selbstständig Kontaktdaten zu erheben, ist sicherlich ein Elternabend, insbesondere der erste Elternabend in der ersten Klasse der Grundschule bzw. der in der fünften Klasse der Mittelschule. Allerdings ist nicht gesichert, dass alle Eltern an diesem Abend anwesend sind. Um daher zuverlässig die Chance zu haben, sich eine vollständige Kontaktliste aufbauen zu können, hat zunächst einmal jeder Klassenelternsprecher grundsätzlich das Recht, Elternbriefe in Papierform mit der Bitte um Mitteilung der Kontaktdaten in der Klasse verteilen zu lassen. Vorsicht: Elternbriefe des Klassenelternsprechers müssen von der Schulleitung genehmigt werden. Eine Genehmigung der Klassenleitung reicht hierfür nicht aus.

Allerdings ist es als ineffizient anzusehen, wenn gerade neue Klassenelternsprecher in den ersten Klassen der Grundschule jeweils immer wieder neu einen solchen Elternbrief erarbeiten. Die Feinheiten, die beim Abfragen von personenbezogenen Daten zu beachten sind, kann ein fachfremder Elternvertreter im Allgemeinen nicht kennen (s. bspw. §4 BDSG). Auch ist teilweise das Bewußtsein für die Notwendigkeit einer solchen Kontaktliste noch nicht vorhanden: Der Klassenelternsprecher in den ersten Klassen weiß ja häufig vor dem ersten Elternabend selbst nicht, dass er Klassenelternsprecher werden wird, geschweige denn hat er sich vorher überlegt, welches Handwerkszeug dafür hilfreich ist. Außerdem ist der Prozess und damit der Inhalt dieses Elternbriefs immer wieder derselbe.

 Daher macht es Sinn, eine schulweite Vorlage eines solchen "Vernetzungs-Elternbriefs" aufzusetzen und die Verteilung des Elternbriefs zentral durch den Elternbeirat oder die Schule durchführen zu lassen. Die Bezirksregierung Mittelfranken schrieb hierzu dem GEB Fürth am 03.05.2017, dass ein Elternbeirat regelmäßig (bspw. zu Beginn des Schuljahres, bei Bedarf auch später) einen Elternbrief bspw. an die Erziehungsberechtigten der neu eintretenden Schüler/innen - beispielsweise in der ersten Jahrgangsstufe - herausgeben kann, in dem die Eltern gebeten werden, ihre Kontaktdaten für Zwecke einer erfolgreichen Elternarbeit an der Schule zur Verfügung zu stellen. Ein solcher Brief könnte in Abstimmung mit der Schulleitung von den Lehrkräften an die Betroffenen Schüler/innen weitergegeben werden.

Auch wenn also ein Elternbeirat im Grundsatz die Eltern per Elternbrief darum bitten darf, ihm (dem Elternbeirat) Kontaktdaten zu kommen zu lassen, wäre es für den Zusammenhalt der schulischen Elternarbeit besser, wenn der Elternbeirat einen Elternbrief in einer Klasse verteilen lässt, der die Erziehungsberechtigten dort ermuntert, dem Klassenelternsprecher  der Klasse ihre Kontaktdaten zur Verfügung zu stellen. 

Es ist grundsätzlich möglich, einen solchen Vernetzungs-Elternbrief auch in höheren Klassen zu verteilen, wenn die Vernetzung innerhalb der Elternschaft der Klasse dies erfordern sollte. Der Verweis auf die ersten Klassen, wo dies besonders sinnvoll ist, ist im Schreiben der Bezirksregierung Mittelfranken explizit als "beispielsweise" gekennzeichnet.